Wie die Digitalisierung im Service Desk aussehen kann und warum Sie jetzt damit anfangen sollten

Pascal Wolf

Die erste Anlaufstelle, im Idealfall ein sogenannter Single Point of Contact, für Mitarbeiter eines Unternehmens bei IT-Problemen ist der IT-Service Desk. Dieser erhält alle IT-Anliegen und bearbeitet diese entweder selber oder gibt sie an den Field Support weiter, wenn die Anfrage nicht remote gelöst werden kann. IT-Organisationen sehen sich hier mit grossem Kostendruck konfrontiert, und die Ansprüche der IT-Enduser, also der Kunden des Service Desks, steigen weiter. Mehr dazu, wie sich IT-Organisationen neu aufstellen können, um diesen Herausforderungen geschickt zu begegnen, können Sie in unserem Blogartikel «Digitalisierung im IT-Support - wohin geht die Reise?» nachlesen.

IT-User sind sich eine funktionierende IT am Arbeitsplatz gewohnt, um ohne Unterbruch arbeiten zu können. Sie möchten ihre wertvolle Zeit nicht mit IT-Problemen vergeuden und wenn doch ein Problem auftritt, soll dieses so schnell wie möglich von den Verantwortlichen gelöst werden. Dabei ist es für sie selbstverständlich, dass sich die Kontaktaufnahme sehr einfach gestaltet und eine grosse Anzahl an verschiedenen Kontaktkanälen angeboten werden, aus welchen sie nach ihren Bedürfnissen frei wählen können.

IT-Spezialisten stehen hier vor verschiedensten Herausforderungen. Sie müssen heutzutage mehr als «nur» das IT-Know-how anwenden und IT-Probleme lösen. Der Schwerpunkt ihrer Leistung verlagert sich immer mehr hin zum geschaffenen Anwendererlebnis und Ergebnis und weg von den eingesetzten Technologien, da die IT-Enduser keine Einschränkungen aus technischen Gründen akzeptieren. Was sollte aber ein Service Desk unternehmen, um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können und davon zu profitieren?

Kundenservice-Organisationen in Unternehmen sind hier oftmals schon einen Schritt weiter. Der Service Desk sollte seinen Kunden, in diesem Fall den IT-User, in den Vordergrund und in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellen und für diesen eine möglichst positive Kundenerfahrung schaffen. Mithilfe von neuen Technologien kann der Service Desk die Kundenzufriedenheit besser sicherstellen und auch selbst langfristig davon profitieren. Voraussetzung dafür ist das Bewusstsein, dass Service-Orientierung und Kundenfokus auch im IT-Support immer wichtiger werden.

Im Zeitalter von Robotics und Automatisierung kann durch gezielte Prozessoptimierung anhand von neuen Technologien ein Zustand erreicht werden, bei dem sowohl Benutzer als auch Support profitieren können. Doch welche Prozesse in IT-Service-Organisationen können im Rahmen der Digitalisierung überhaupt optimiert werden?

Catch & Dispatch war gestern, heute ist automatische Verteilung Trumpf

Bisher schreibt bei einem IT-Problem meist der betroffener IT-User eine E-Mail an den Service Desk. Diese E-Mail wird von einem Dispatcher an die richtige Ansprechperson für das individuelle Problem des Users weitergeleitet und anschliessend von diesem bearbeitet. Wie könnte dieser Prozess in Zeiten von Innovation, Automation und Robotics neu aussehen? Grosse Kundenservice-Organisationen haben das Potenzial von Automation und Robotics im Kundenservice bereits erkannt und schon diverse Prozessoptimierungen erfolgreich umgesetzt.

Für den Service Desk kann die im Folgenden beschriebene Prozessoptimierung auch von grossem Vorteil sein. Eingehende Anliegen per E-Mail werden automatisch vom System als Ticket im Issue-Tracking-System erfasst, durch das Natural Language Processing automatisch erkannt und der richtigen Service-Kategorie automatisch zugeordnet. Dies gilt auch für Anliegen, welche über andere Kanäle eingehen. Diese werden optimalerweise zentral gesammelt, verteilt und bearbeitet. Durch diese intelligente Automatisierung von immer wiederkehrenden Aufgaben wird viel Zeit gespart. Diese Zeit kann für komplexere IT-Probleme und das individuelle Eingehen auf Kundenanliegen genutzt werden.


RPA kann die Schaffung von kostenintensiven Schnittstellen zwischen den verschiedenen Systemen ersetzen. Somit muss nicht invasiv in die IT-Infrastruktur eingegriffen werden, und Service Desks, welche unter Kostendruck leiden, profitieren von einer kosteneffizienten Lösung.


Routinemässige, repetitive Anliegen werden im Self-Service gelöst

Vergisst ein IT-User beispielsweise sein PC-Passwort, meldet er sich im Normalfall beim Service Desk und fragt nach Hilfe. Der IT-Supporter muss dann das Passwort zurücksetzen. Er arbeitet dabei mit diversen Systemen und muss meist die User-Daten abfragen und diese auch manuell eingeben. Dieser immer wiederkehrende Prozess kann einige Minuten in Anspruch nehmen. Solche repetitiven und einfachen1st Level Anliegen eignen sich optimal, um sie zu automatisieren oder vollständig als Self-Service anzubieten. Die verschiedenen Tools, mit denen ein IT-Supporter in diesem Fall arbeitet, können über Robotic Process Automation miteinander verknüpft werden. Hinter RPA stecken Software-Roboter, welche vorhersagbare manuelle Arbeitsabläufe, welche zwischen Menschen und Applikationen stattfinden, automatisieren, ohne bestehende Software ersetzen oder erweitern zu müssen. RPA kann die Schaffung von kostenintensiven Schnittstellen zwischen den verschiedenen Systemen ersetzen. Somit muss nicht invasiv in die IT-Infrastruktur eingegriffen werden, und Service Desks, welche unter Kostendruck leiden, profitieren von einer kosteneffizienten Lösung.

Auf diese Weise kann der Agent das Passwort direkt über einen Button in der ITSM-Suite zurücksetzen. Ein Chatbot könnte aber auch den gesamten Prozess automatisieren. Der IT-User könnte beispielsweise im Intranet oder auf einer speziell für IT-Anfragen aufgeschalteten Webseite mit einem Chatbot chatten, welcher sich spezifisch um Passwörter kümmert. Der Bot nimmt die Anfrage 24/7 entgegen und löst im Hintergrund Robotic Process Automation-Workflow aus. Die Person wird identifiziert und das Passwort zurückgesetzt. Der Hauptvorteil dieses End-to-End automatisierten Prozesses liegt in der Orts- und Standortunabhängigkeit des Users, und gleichzeitig gewinnt der IT-Service Desk auch in diesem Fall wieder wertvolle Zeit, die für komplexere Anliegen genutzt werden kann.

Zugriff zum richtigen Wissen zur richtigen Zeit

Wie wird im Service Desk sichergestellt, dass die benötigte Wissensbasis vorhanden ist? IT-Supporter recherchieren oftmals in diversen Datenbanken, in verschiedenen Unterlagen, sie fragen Kollegen oder erfahrenere Mitarbeiter. Solch eine Wissensbeschaffung kann bei komplizierten Problemen sehr zeitintensiv und ineffizient sein. Hier kann eine zentrale Wissensdatenbank helfen – doch diese zu erstellen, ist gerade dann, wenn das Wissen an unterschiedlichsten Orten liegt, sehr zeitintensiv und die Inhalte können nur mit entsprechendem Aufwand aktuell gehalten werden.

Mit einer Meta-Suchmaschine hingegen, die auf RPA basiert, kann gleichzeitig in diversen Datenbanken nach dem gewünschten Thema gesucht werden. Somit wird dem Mitarbeiter das richtige Wissen zur richtigen Zeit zur Verfügung gestellt, ohne dass er lange nach Antworten suchen muss. Zudem kann so sichergestellt werden, dass kein Know-how verloren geht. Auch kann in einem Case Management System Service-Anliegen-bezogenes Wissen in Form von Textblöcken bereitgestellt werden und auf diese Weise zusätzlich zur Arbeitseffizienz beitragen.

Fazit

Diese Beispiele für Prozessoptimierungen zeigen, wie durch den Service Desk mehr Anfragen in gleicher Zeit bearbeitet werden können - und das sogar mit einem verbesserten Kundenerlebnis. Die Wartezeiten werden verringert und die gewonnene Zeit kann für komplexe Fälle eingesetzt werden oder, um für einen Kunden eine Extrameile zu gehen und diesen zu begeistern!

Der Service Desk wird von repetitiven Aufgaben befreit, und die IT-Spezialisten können sich auf das Lösen von komplexeren Sachverhalten konzentrieren. Benutzer gewinnen im Gegenzug Flexibilität, da sie einfache IT-Probleme auch im Self-Service Verfahren zu jeder Zeit und standortunabhängig lösen können. Alles in allem entwickelt sich der Service-Desk durch die Digitalisierung im IT-Support zu einer effizienten, kundenzentrierten Service-Organisation. In Zeiten von Kostendruck kann mit den neuen Prozessen effizienter und effektiver gearbeitet werden. Parallel sind es auch nicht die IT-Anwender, die die Leidtragenden sind ganz im Gegenteil: Die Customer Experience kann deutlich gesteigert werden.

Wie sieht es in Ihrem Unternehmen aus? Ist der IT-Service Desk eher noch als Lieferant von IT-Infrastruktur positioniert oder auch bereits als Kundenbegeisterer aktiv?

Pascal Wolf pidas
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Pascal Wolf
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