Fokus auf die Kernkompetenzen: Outsourcing-Modelle für IT-Support im Gesundheitswesen

Pascal Wolf

Die Digitalisierung hat im Gesundheitswesen schon längst Einzug gehalten. Die IT-Situation verändert sich dadurch rasch und wird komplexer. Gerade in Spitälern sieht sich die IT aufgrund von diversen Nutzer-Gruppen mit sehr unterschiedlichen Hard- und Software-Bedürfnissen mit grösseren Herausforderungen konfrontiert als in anderen Branchen. Da erstaunt es nicht, dass sich viele IT-Verantwortliche und CIOs aus dem Gesundheitsbereich mit dem Thema Outsourcing befassen und sich überlegen, externe Hilfe zu beanspruchen, um die Effizienz der IT-Abteilung zu steigern und sich wieder auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren zu können.


Dabei ist festzuhalten, dass nicht unbedingt eine Entscheidung «für» oder «gegen» Outsourcing gefällt werden muss. Es ist durchaus möglich, sich für eine Zwischenlösung zu entscheiden und sich nur punktuell Unterstützung von externen Experten zu holen. Dies zeigte auch eine Studie der ZHAW, die 2019 im Rahmen eines Studentenprojektes, für das 32 IT-Organisationen von Spitälern zu ihrer Sourcing-Strategie befragt wurden, durchgeführt wurde. Dabei kam heraus, dass es hauptsächlich auf den richtigen Sourcing-Mix ankommt.

Um bezüglich Outsourcing die richtige Entscheidung zu treffen, ist es also wichtig, klar zu definieren, welche Ziele verfolgt werden sollen und sich auf dieser Basis für eines der möglichen Sourcing Modelle zu entscheiden. Die ZHAW-Studie machte eines deutlich: den Spitälern geht es nicht primär darum, mit dem Outsourcing Kosten einzusparen. Vielmehr sehen sie das grösste Potenzial in der Steigerung der Effizienz der IT-Dienstleistungen und «der Beherrschung des technologischen Wandels». Das macht deutlich, dass vom Partner neben einer effizienten Entlastung der eigenen personellen Ressourcen vor allem auch Kompetenz, Erfahrung und Know-how bezüglich technologischer und digitaler Innovationen und deren Umsetzung erwartet wird.

Auf welche Outsourcing-Modelle und Modell-Kombinationen Spitäler zurückgreifen können, und was für Vorteile die einzelnen Modelle bieten, schauen wir uns im Folgenden an.

Outsourcing-Modelle und ihre Einsatzgebiete

Je nachdem, welche Dienstleistungen ausgelagert werden sollen, damit das eigene IT-Team möglichst gut unterstützt werden kann, gibt es verschiedene Outsourcing-Modelle, aus denen sich das individuelle Outsourcing-Set-up zusammenstellen lässt. Vom Komplettpaket, bei dem alle oder die meisten IT-Leistungen extern erbracht werden, bis zum Outsourcing nur einzelner Services ist alles denk- und machbar.

Schauen wir uns die einzelnen Modelle und ihre Vor- und Nachteile etwas detaillierter an:

 

Das Full-Outsourcing als Komplettlösung

Grosse, meist internationale, IT-Provider möchten möglichst viele Leistungen übernehmen und bieten sich als «One-Stop-Shop» für sämtliche Services aus einer Hand an. Das ist ein Vorteil für die Unternehmer, da sie gewissermassen mit nur einem Ansprechpartner kommunizieren müssen. Allerdings ist es für den Anbieter schwierig, bei der grossen Bandbreite von Dienstleistungen überall beste Leistungen zu erbringen. Auch Full-Outsourcer haben Bereiche, wo sie stärker sind und andere, in denen sie keine Bestleistung erbringen. Das führt dazu, dass sie Services, in denen sie sich nicht gut auskennen, häufig an Subunternehmen bzw. -lieferanten vergeben. Dazu gehört meist auch der IT-Workplace Support. Und so sind am Ende doch mehrere Partner am Full-Outsourcing beteiligt, die sich aber nur über den koordinierenden Haupt-Partner kontaktieren lassen, was ein Nachteil für die Kunden sein kann.

Full-Outsourcer sind in der Folge häufig schwerfällig und wenig flexibel. Wenn ein Unternehmen mit einzelnen erbrachten Teilleistungen nicht zufrieden ist, ist es in der Regel auch nicht möglich, diese Teilleistungen aus dem Service-Angebot auszuschliessen. Dies führt oft dazu, dass sich die Kunden in eine ungewollte Abhängigkeit gedrängt fühlen, weil sie nicht mehr flexibel entscheiden können, welche Services sie von wem beziehen möchten.


Das Teil-Outsourcing als individuelle Baukasten-Lösung

Teilleistungen auszulagern und andere in Eigenregie durchzuführen, erfreut sich wachsender Beliebtheit bei mittleren und grösseren Unternehmen. Spezifisch definierte Services werden gebündelt an ein Ecosystem aus Spezialisten ausgelagert, die jeweils die Dienstleistungen übernehmen, für die sie die grösste Expertise besitzen. Der Vorteil dieses Modells ist, dass jeder Leistungserbringer nur Leistungen übernimmt, die seiner Kernkompetenz entsprechen und die er in bester Qualität erbringen kann. So lassen sich zudem individuelle Leistungsbereiche gezielt optimieren, und es ist möglich, einzelne Leistungsbringer auszuwechseln, wenn man mit der Dienstleistung unzufrieden ist. Das Management solcher Outsourcing-Konstrukte ist zwar etwas schwieriger und aufwändiger, dafür können die leistungsbeziehenden Unternehmen bei den outgesourcten Dienstleistungen ein Maximum an Qualität, Flexibilität und Speed herausholen und auch erwarten.


Bei der Definition des individuellen Outsourcing-Pakets muss sich ein Unternehmen auch überlegen, wo die Dienstleistungen jeweils erbracht werden sollen: soll der Partner vor Ort im eigenen Haus tätig sein, im gleichen Land, in einem Nachbarland oder im weit entfernten Billigland? Angebote mit ihren Vor- und Nachteilen gibt es für alle diese Optionen. Es gilt einfach abzuwägen, welche Möglichkeit dem eigenen Bedarf am nächsten kommt.

 


Outsourcing vor Ort (on Premise) oder remote – beides ist möglich

 

Service on Premise

Bei dieser Variante wird eine Dienstleistung von einem gewählten Outsourcing-Partner in-house, also vor Ort im eigenen Unternehmen erbracht. Bei gewissen Dienstleistungen ist diese Variante praktisch vorgegeben, da beispielsweise der Field Support nur in direktem Kontakt vor Ort erbracht werden kann.

Diese Lösung ist für Unternehmen, die sehr viel User-Support benötigen, optimal, denn Hilfe ist unmittelbar verfügbar, und es entstehen für die Mitarbeitenden keine längeren Wartezeiten. Ein weiterer Vorteil besteht – wie in allen Outsourcing Modellen - in der Flexibilität der Anzahl an Support-Mitarbeitenden. Bei wechselndem Bedarf an Ressourcen kann die Anzahl der vom Partner «bezogenen» Mitarbeitenden angepasst werden, ohne dass das Unternehmen selbst sich darum kümmern muss. Gleichzeitig sind die IT-Mitarbeitenden Teil des Unternehmens. Es unterscheidet sie von ihrer Funktion her nichts von den übrigen Angestellten und sie können ganz normal in Strukturen und Prozesse eingliedert werden.

Ein kleiner Nachteil beim IT-Service Desk on Premise ist, dass der Outsourcing Partner nicht von Synergie-Effekten profitieren kann, die bei der Betreuung mehrerer Kunden in einem remote Service Desk entstehen (z.B. in puncto Know-how oder Optimierung der Personalressourcen vgl. auch Punkt 2. unten) was sich entweder negativ auf die Servicequalität oder den Preis für die Leistungen auswirken kann - je nachdem ein Nachteil für den Kunden.


Service Onshore oder Nearshore

Viele Unternehmen, insbesondere auch Schweizer Spitäler, ziehen es vor, die Dienstleistungen von einem Outsourcing-Partner aus dem DACH-Raum zu beziehen. Onshore bedeutet in diesem Fall, dass die Dienstleistungen im Inland erbracht werden. Nearshore meint die Erbringung der Leistungen in einem nahegelegenen Land, aus europäischer Sicht am häufigsten in östlichen europäischen Länder. Dies steht im Gegensatz zum Offshoring, wo die Dienstleistungen ausserhalb Europas bezogen werden (vgl. Service Offshore).
Als Vorteile dieser Variante sind die Nähe in Bezug auf die Sprachen, die Kultur und die relative geopolitische Lage zu nennen. Kann der Partner die IT-Service Desk Leistungen aus einem Center heraus erbringen, das für verschiedene Unternehmen tätig ist und über ein grösseres Team von Mitarbeitenden verfügt, entstehen positive Synergieeffekte, von denen die Outsourcing-Kunden profitieren können. Die Verteilung der Arbeitslast wird flexibler und die Mitarbeitenden, die meist für verschiedene Auftraggeber aus unterschiedlichen Branchen tätig sind, verfügen aufgrund dessen über ein vielseitiges und umfangreiches Know-how in verschiedenen Bereichen. Zusätzlich ist es dem Partner so auch möglich, viel schneller zu skalieren, denn er hat kaum Sprungkosten. Damit trägt er ein kleineres Risiko und kann hohe Qualität zu einem attraktiven Preis bieten.
Als Nachteil ist hier die fehlende Nähe zu nennen. Wird persönlicher Support notwendig, sind die Wege lang und somit je nachdem auch die Wartezeiten und Ausfallzeiten der Mitarbeitenden.


Service Offshore

Preislich attraktiv ist die Auslagerung der Services in Länder ausserhalb Europas. Diese Variante ist jedoch bei Unternehmen vieler Branchen und so auch im Gesundheitsbereich eher unbeliebt und nur selten anzutreffen. Bei Offshore Providern ist mit Sprach- und Verständigungsproblemen zu rechnen und es gibt kulturelle Unterschiede zu managen. Ganz besonders kritisch ist hier auch die Frage der Datensicherheit. Beides nicht zu unterschätzende Nachteile.

 

 

Fazit: Setzen Sie den Fokus auf die Kernkompetenzen

Es ist empfehlenswert, nicht alle Leistungen nach dem Full-Outsourcing Modell extern zu vergeben, sondern vielmehr punktuell Services in Bereichen zu beziehen, wofür intern keine wirkliche Expertise besteht, wofür aber viel Zeit und Energie investiert werden müsste. Teil-Outsourcing einzelner Services ermöglicht es, flexibel und agil zu bleiben, was sich wiederum positiv auf die Effizienz und auch die Qualität der Services auswirkt, weil auf Veränderungen sehr schnell reagiert werden kann. PwC (in ihrem Artikel: «Gesundheitswesen Schweiz – Fokus auf die Kernkompetenzen», 2019) sind überzeugt: «Die Konzentration auf Kernkompetenzen kann die Gesundheitskosten senken», wenn Outsourcing auf dieser Basis im Gesundheitswesen konsequent implementiert würde und daher gehört das Thema Sourcing in jedem Fall auf die Agenda im Schweizer Gesundheitsweisen.

 

Für die Ausarbeitung des individuell optimalen Sourcing-Modelles sollte genügend Zeit investiert werden, um genau abzuwägen, welche Prozesse und Services als Kernkompetenz lieber selber gemanagt und welche Tätigkeiten eher an externe Partner mit Know-how übergeben werden sollten.

 

 

Möchten Sie mehr zum Thema Outsourcing im Gesundheitswesen erfahren, dann empfehle ich Ihnen auch meinen Blogartikel «Weshalb IT-Support-Outsourcing im Gesundheitswesen Vorteile bringt». Ich als Experte auf diesem Gebiet und Mitautor des Whitepapers zum Thema IT-Support im Gesundheitswesen stehe Ihnen sehr gerne persönlich für Fragen zur Verfügung. Vereinbaren Sie doch am besten gleich einen Termin.

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Pascal Wolf ist im Rahmen von Managed Services verantwortlich für den Vertrieb unserer Dienstleistungen. Mit seiner langjährigen Erfahrung im Business und Service Management verfügt Pascal Wolf über alle Fähigkeiten, um unsere Kunden optimal zu beraten und zu begleiten. Seine Spezialthemen liegen in den Bereichen Service- & Prozessoptimierung, Automatisierung, Managed Services, Business & People Management, IT Solutions & Operation, Sales, Vertragsverhandlung und Projektmanagement.